Wandern auf La Palma – Von Los Tilos nach Los Sauces und zurück

Wandern auf La Palma – Von Los Tilos nach Los Sauces und zurück

Nachdem ich dieses Jahr schon zwei Mal unterwegs war (Du erinnerst dich an Freiburg und die Via Baltica?) und mir auf der Via Baltica überlegt hatte ein E-Bike zu kaufen, war ein weiterer Urlaub finanziell eigentlich nicht drin. Aber bei dem Sommer, den wir in Deutschland dieses Jahr hatten, war ich froh, dass ich mich doch entschieden hatte, nochmal für 12 Tage nach La Palma zu fliegen. Die Kosten hielten sich auch verhältnismäßig in Grenzen und ich brauchte dieses Jahr einfach noch ein bisschen Sonne, bevor die grauen Wintermonate beginnen.

Was wäre ein Urlaub ohne Wandern für mich? Richtig, nicht vollständig. Zwei Tage vor Abreise habe ich beinahe zufällig noch einen Wanderführer für La Palma gekauft, denn ich hatte noch einen Gutschein für ein Outdoorgeschäft, den ich gegen einen Vaude Regenponcho und eben diesen Wanderführer getauscht habe.

Ich hatte mir online schon die eine oder andere Tour rausgesucht, aber so ist es natürlich noch einfacher. Die GPX-Tracks für die geplanten Touren habe ich mir dann noch aufs Handy gepackt und heute geht es dann los mit Nr. 14 und 15. Tour 15 führt von Los Tilos nach Los Sauces und im Bogen wieder zurück.

Tour 14 ist ein kurzer Abstecher zum Wasserfall Cascada de Los Tilos. Da die Tour durch die Schlucht nur fortgeführt werden kann, wenn man unter dem Wasserfall hindurchgeht, verzichte ich darauf. Ein weiterer Grund sind die drei Mädels, die kurz vor mir den Weg zur Cascada de Los Tilos eingeschlagen haben. Ständig schreien sie und machen Selfies. Selfies machen, ok. Aber dieses Schreien? Kennst du How I Met Your Mother? Ich würde diese Mädels als Woo-Girls beschreiben. Also kehre ich nach ein paar Fotos zum Ausgangspunkt zurück um die längere Tour Nr. 15 zu starten. Da ich keinen Handyempfang in der Schlucht habe und auch das GPS so seine Schwierigkeiten mit der Ortung hat, gibt es nur diesen zackigen Track.

Track Baranco del Agua

Hier ein paar Impressionen von der Cascada de Los Tilos:

Die nächste Tour startet oberhalb des Häuschens bei Los Tilos, in dem es Informationen und eine kleine Ausstellung zu Flora und Fauna auf La Palma gibt. Hier der Track:

Track Los Tilos – Los Sauces

Sofort geht es sehr steil in Serpentinen bergauf. So starten meine Touren fast immer, also denke ich mir nichts dabei. Die Hitze macht mir zu schaffen. Glücklicherweise laufe ich aber durch einen Lorbeerwald, sodass ich vor der direkten Sonne geschützt bin. Nach 40 Minuten gucke ich auf mein Handy. 1,3 km habe ich geschafft. Was?? 1,3 km in 40 Minuten? Ich weiß ja, dass meine Kondition nicht die allerbeste ist, aber sie ist doch überdurchschnittlich würde ich behaupten und ich habe dieses Mal verhältnismäßig wenig Gepäck. Aber der Weg ist wirklich sehr steil. Und jedes Mal wenn ich kurz stehenbleibe, um meinen Herzschlag zu beruhigen, dauert es nach dem Weitergehen keine 30 Sekunden und ich habe das schnelle Pochen wieder im Kopf.

Plötzlich höre ich ein lautes Rascheln. Entweder ich bin völlig erschöpft oder ich sehe tatsächlich einen Hahn. Ja, es ist in der Tat ein Hahn und ein paar Meter weiter steht eine Henne mit ihren Küken auf dem Weg und scharrt auf dem Waldboden. Langsam gehe ich vorbei und die Familie tritt ein wenig zur Seite, läuft aber nicht panisch weg. Ich mache nochmal zwei Minuten Pause und trinke einen großen Schluck. Ich habe das Gefühl, ich komme mit dem Trinken kaum dem Schwitzen hinterher… Ich bin so erschöpft, dass ich eine Gänsehaut bekomme.

Dann, nach knapp 50 Minuten, sehe ich ein Licht am Ende des Tunnels. Im wahrsten Sinne des Wortes:

Klatschnass, mit Herzrasen und völlig erschöpft hoffe ich, dass das tatsächlich das Ende des Aufstiegs ist. Als ich durch das Tor hindurchgehe und nach rechts schaue, falle ich fast in Ohnmacht. So einen Ausblick hatte ich nicht erwartet.

So ist das eben. Am Ende lohnen sich die Anstrengungen eigentlich immer!
Es ist keiner auf diesem Aussichtspunkt und auch auf dem Weg nach oben habe ich keine Menschenseele getroffen. Aber ich bin nicht allein. Etliche Echsen rascheln im Gebüsch. Sie sind viel zu schnell, als dass ich sie fotografiert bekomme. Ich mache ein paar Fotos und Videos von der gigantischen Aussicht, trinke etwas und mache mich dann weiter auf den Weg. In Serpentinen geht es weiter leicht bergab. Den Wald lasse ich hinter mir.

Dann geht es steil und steinig bergab, was mich an den Camino Francés erinnert. Glücklicherweise habe ich aber nicht so viel Gepäck dabei, sonst hieße das wieder Knieschmerzen. Am Ende des steilen Abstiegs treffe ich auf eine weitere Camino-Erinnerung: Eukalyptusbäume. Der Duft betört mich und ich beschließe in deren Schatten Mittagspause zu machen. Eine Portion Champignons in Mandelsahne auf Spaghetti habe ich mir vom Abendessen gestern für heute eingepackt. Die Melone hebe ich mir für später auf. Ich schaue auf mein Handy. Ich habe bis hierher erst 3 von 8 Kilometern hinter mir. So langsam war ich noch nie unterwegs. Klar, das steile bergauf und dann der steinige, steile Abstieg fordern viel Zeit und das Fotografieren zwischendurch braucht auch seine Zeit.

Dann geht es weiter bergab Richtung Los Sauces. Ich komme wieder nur langsam voran. Zum einen, weil es wieder sehr steil ist (ich muss mir mehrmals die Schuhe nachschnüren, um nicht zu weit nach vorne zu rutschen) und weil es so viel zu gucken gibt. Überall wachsen Früchte, und die Anwohner haben viele Blumen gepflanzt.

Ich komme in die Innenstadt und hier knallt die Sonne. Wie gut, dass ich meinen Hut mitgenommen habe. Ich gehe in einen Supermarkt und schaue, ob es dort Wassereis gibt. Leider nicht. Aber an der Tankstelle 200 Meter weiter werde ich fündig. Nach nur 10 Minuten verlasse ich Los Sauces wieder und biege auf eine Straße ab, an der ich die nächsten Kilometer vorbeilaufe.

An der Straße gibt es die tollsten Felsen zu entdecken. Irre, wie die Gesteinsschichten zu erkennen sind.

Dann führt mich der Weg weg von der Straße und ich fühle mich wie in Lizard Paradise. Hier tummeln sich noch viel mehr Echsen, als auf dem ganzen, bisherigen Weg zusammen. Der Weg ist sehr schmal und steinig. Ich muss mich sehr konzentrieren, um nicht wegzurutschen. Das wäre unschön, denn mit jedem Meter, den ich wieder steil bergauf gehe, wird der Abgrund zu meiner Linken tiefer. Trotz meines Wanderstocks rutsche ich zweimal zur Seite weg und verdrehe mir die Hüfte. Glücklicherweise zu beiden Seiten, so ist das Überdehnen wieder ausgeglichen. Aber ich stürze nicht und das ist die Hauptsache. Die Sonne gibt nochmal alles und ich bin Dankbar über meinen Hut. Denn dieses Mal ist kein Schatten in Sicht.

Der Weg wird immer schwieriger zu begehen und ich komme kaum durch die Büsche, die den mittlerweile nur noch angedeuteten Pfad überwuchern. Dann liegen Steine im Weg und es geht nicht mehr weiter. Hier ist monatelang keiner mehr her gegangen. ‚Das kann nicht richtig sein‘, denke ich und werde genau in diesem Moment vom Piepsen meines Handys bestätigt, dass mir mit seinem Ton ansagt, dass ich vom Weg abweiche.

Also zurück. Der Rückweg ist eine einzige Rutschpartie und ich muss höllisch aufpassen, auf dem losen Geröll nicht über den Absprung zu rutschen. Endlich bin ich wieder auf dem richtigen Weg und das Piepsen verstummt. Ich gehe weiter zurück und plane an der Straße entlang rauf nach Los Tilos zu gehen, als sich der Alarm erneut meldet. Wo genau soll ich abbiegen??? Hier ist nichts, außer dem Abgrund! Ich stelle das Piepsen aus und biege auf die Straße ein.

Der Weg an der Straße entlang ist alles andere als schön. Ich bin müde von der gesamten Tour und es geht wieder stark bergauf, es ist heiß, die Sonne knallt erbarmungslos vom Himmel und es gibt kaum Schatten. Ich bekomme wieder Herzrasen und Gänsehaut. Ich muss mich zusammenreißen und versuchen tief zu atmen, damit mir nicht der Hals zuschwillt und ich keine Luft mehr bekomme. Ich bleibe alle paar Meter stehen und versuche meinen Herzschlag zu beruhigen. Ich bin am Ende meiner Kräfte und bin geneigt den Daumen raus zu halten um einen der wenigen Autofahrer dazu zu bringen, mich mit nach oben zu nehmen. Aber ich bleibe standhaft, mache eine kurze Pause in dem kleinen Stück Schatten, der ein Baum wirft und dann geht es weiter.

Auf dieser Höhe war ich, als ich hinter dem Berg entschieden habe, dass es dort nicht weitergeht

Nach 40 Minuten Tortur sehe ich die ersten parkenden Autos. Jetzt sind es nur noch gut 400 Meter bis zu meinem Auto. Am Ende bin ich sehr stolz, es doch wieder aus eigener Kraft geschafft zu haben. Ich mache noch eine kurze Pause am Auto und esse die Melone, die ich mir geschnibbelt hatte. Auf dem Rückweg über Santa Cruz de La Palma will ich noch bei Lidl vorbei und mir Tofu kaufen, wenn ich schon in dieser Gegend bin. Hätte mir jemand vor drei Jahren gesagt, dass ich auf Tofu nicht verzichten könne, hätte ich ihn für verrückt erklärt! Den Rest des Tages werde ich dann mit Ausruhen, Essen und Wäsche waschen verbringen, damit die Wandersachen wieder frisch sind für die nächste Tour.

Ich werde berichten…

Alles Liebe

Rina

P.S.: Lidl La Palma hat keinen Tofu… Dafür bin ich aber im Hiper Dino in Los Llanos fündig geworden.

7 Kommentare

  1. Julia
    3. Juni 2020 / 16:29

    Ja, so ganz ohne Handy wäre man wohl total aufgeschmissen ?. Danke für die vielen tollen Eindrücke, ich möchte ja im Herbst mal wieder wagen, dort in den Urlaub zu fahren, und bin da echt schon gespannt, wie es dort mittlwerweile aussehen wird. Tofu gibt es unter anderem auch in den Bioläden.

  2. Günter
    28. November 2017 / 23:00

    Hallo Rina,
    das sind wirklich die tollsten Bilder zum Thema Wandern auf La Palma, die seit ewigen Zeiten gesehen habe. Da werde ich richtig neidisch!
    Magst Du verraten, mit welcher Kamera Du die Aufnahmen gemacht hast? Und vor allem, wie Du die Bilder in den verschiedensten Formaten so genial im Blog anordnest? Ist das ein spezielles Plug-in? Oder ein Feature des WordPressthemes?

    • Rina
      Autor
      29. November 2017 / 5:38

      Hallo Günter,
      danke für deine lieben Worte.
      Die Fotos habe ich mit meinem iPhone 7 gemacht. Die Möglichkeit eine Galerie zu erstellen gibt es über das Jetpack Plugin. Ich schiebe die Bilder dann hin und her, bis mir die zufällige Anordnung gefällt.
      Liebe Grüße
      Rina

      • Günter
        29. November 2017 / 23:13

        Hallo Rina,
        vielen Dank für Deine schnelle Antwort. Ich habe eben noch ein bisschen gegoogelt. Jetpack scheint ja tatsächlich soetwas wie ein Multifunktionstool zu sein. Damit muss ich mich bei Gelegenheit unbedingt mal näher befassen. Dass Du die Bilder mit einer Smartphonkamera gemacht hast, hatte ich fast ‚befürchtet‘. Es ist inzwischen wirklich erstaunlich, was die kleinen Dinger leisten. Das lässt so manche teure Systemkamera alt aussehen. Zumindest vom Verhältnis ‚mitzuschleppendes Equipment zu tatsächlichem Ergebnis‘.
        In diesem Sinne liebe Grüße aus dem nächtlichen München
        Günter

        • Rina
          Autor
          30. November 2017 / 6:08

          Hi Günter,
          genau so ist es. Mein Handy dient mir auf Wanderungen als Navi, Kamera und auf Langstreckenwanderungen auch zur musikalischen Unterhaltung. Gerade auf den Langstreckenwanderungen kommt es auf das Gewicht des Rucksacks an und da zählt jedes Gramm!
          Liebe Grüße
          Rina

  3. 31. August 2017 / 10:19

    Wow, vielen Dank für die tollen Eindrücke und Bilder!
    Ich fand schon deine letzten Wanderungen ganz toll – dein Schreibstil ist wirklich sehr spannend und ich habe immer fast das Gefühl, ich bin „mit dabei“. Danke, danke, danke, mach weiter so 🙂

    • Rina
      Autor
      31. August 2017 / 17:11

      Hi Bhakti,
      lieben Dank für deine netten Worte. Es freut mich zu hören, dass dir meine Wanderberichte gefallen.
      Liebe Grüße
      Rina

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