Mein Jakobsweg – Von O Pedrouzo nach Santiago de Compostela

Mein Jakobsweg – Von O Pedrouzo nach Santiago de Compostela

Die Nacht ist heute sehr früh zu Ende, denn die Italiener stehen um 5 Uhr auf und machen solch ein Theater, dass alle aufwachen. Letztendlich stehen Kathi und ich um kurz nach 6 Uhr auf und sind um 6:20 Uhr wieder auf dem Camino, während die Italiener immer noch ihre Sachen zusammensuchen…

Der Weg rauscht an mir vorbei. Ich nehme nicht viel wahr, außer dem Duft der Eukalyptuswälder, der mich betört. Ich bin heute ganz auf das Ziel konzentriert: Santiago de Compostela. 20 Kilometer sind es noch bis dahin. Nach 15 km machen wir noch eine letzte Pause, in der wir uns mit Brot, Keksen und Cola stärken.

Die letzten Kilometer sind spannend, da wir schnell in der Stadt sind, aber bis wir tatsächlich das Stadtzentrum mit der Kathedrale erreichen, dauert es noch eine Weile. Ich kann nicht anders, als die ganze Zeit zu grinsen. Es ist ein irres Gefühl, plötzlich hier zu sein. Seit knapp zwei Wochen gehe ich jeden Tag rund 6 Stunden, um in Santiago anzukommen und plötzlich bin ich hier. Als wir an der Kathedrale ankommen, falle ich Kathi um den Hals. Es ist ein sehr emotionaler Moment und ich bin überwältigt: Von den letzen 13 Tagen, von der Großstadt, von den Massen an Menschen, der Lautstärke und meiner Erschöpfung.

Als erstes möchten wir die Rucksäcke loswerden und laufen zum Hostel. Doch das lässt uns erst um 12 Uhr einchecken. Also laufen wir wieder zurück und finden ein Geschäft, in dem man den Rucksack unterstellen kann. Mit Rucksack dürfen wir nämlich nicht in die Kathedrale. Die Messe beginnt dort um 12 Uhr und wir sind ganz knapp pünktlich da. Der Gottesdienst wird auf Spanisch abgehalten und bis auf das Vater Unser und eine paar andere traditionelle Gesänge, verstehe ich kein Wort. Und trotzdem ist die Messe sehr schön. Ich verkrieche mich allerdings in ein Seitenschiff, um mich hinzusetzen. Der Gesang hallt durch die ganze Kirche und mir kommen mal wieder die Tränen. Aber dieses Mal bin ich einfach nur gerührt.

Am Ende der Messe wird dann auch noch der Botafumeiro, der Weihrauchkessel durch die Kathedrale geschwenkt. Wir hatten angenommen, dass dieses Spektakel nur in der Freitagsmesse stattfindet und sind daher umso glücklicher, das miterleben zu dürfen. Da 2016 vom Papst als heiliges Jahr ausgerufen wurde, ist die Grabstätte des Apostels Jakobus geöffnet und wir können sie uns anschauen. Die Schlange dafür ist sehr lang, aber die Wartezeit hält sich in Grenzen und wir sind schnell einmal hindurch gegangen.

Nach der Besichtigung der Kathedrale wollen wir unsere Compostela, also das Zeugnis der Pilgerschaft abholen und stellen uns, ein paar Straßen weiter, im Oficina del Peregrino in die Warteschlange. Die Warterei wird zur Tortur: Ganze zwei Stunden müssen wir auf den Beinen stehen, um endlich unsere Compostela zu erhalten. Mir schmerzen die Füße, ich kann es kaum aushalten und freue mich, das Schriftstück dann in den Händen halten zu können.

[cml_media_alt id='7142']O Pedrouzo -> Santiago de Compostela[/cml_media_alt]

Auf dem Weg zu unserem Rucksack treffen wir Sandra, Julia, Lara und Jonas, die schon gestern angekommen sind. Wir verabreden uns für später und gehen erstmal ins Hostel um zu duschen und unsere Betten zu beziehen.

Gegen Abend gehen wir wieder in die Stadt, kaufen ein paar Andenken und trinken ein Bier. Mit den anderen gehen wir dann in ein vegetarisches Restaurant und verbringen einen wunderschönen Abend, der in der Bar Momo bei Sangria weitergeführt wird. Wie schön, dass ich mir morgen keinen Wecker stellen muss! Ich werde nämlich noch morgen in Santiago bleiben, um das heute geschehene zu verarbeiten. Montag will ich dann mit dem Bus nach Finisterra fahren, um ein paar Tage am Meer zu verbringen.

Auch Sandra ist gestern Abend, zusammen mit ihrem Freund, der gestern angekommen ist, nach Finisterra gefahren. Kathi und Julia werden zu Fuß dorthin gehen und Lara weiß es noch nicht genau. Wir werden uns dort also vielleicht nochmal wiedersehen. Ich freue mich jetzt erstmal auf ein paar Tage Entspannung und hoffe, dass meine Füße schnell heilen.

Bis bald aus Finisterra!

Alles Liebe

Rina

4 Kommentare

  1. Martina Wein
    26. September 2016 / 13:10

    Meinen herzlichen Glückwunsch und Vielen lieben Dank für deinen spannenden Bericht. habe richtig mit gefiebert und mit gelitten. Ein paar Tage Entspannung hast du dir jetzt wirklich verdient. Erhole dich und viel Spass am Meer 🙂

    • Rina
      Autor
      27. September 2016 / 13:53

      Danke dir! Freut mich, dass es dir gefallen hat! Gestern und heute regnet es und es ist sehr neblig. Aber ab morgen soll die Sonne rauskommen und dann werde ich einen laaaangen Spaziergang am Strand machen. Das Gehen bin ich nämlich mittlerweile so gewohnt, dass es mir komisch vorkommt, einen Tag mal nicht zu gehen.
      Liebe Grüße
      Rina

  2. Petra Janke
    25. September 2016 / 19:21

    Ich freue mich für dich, dass du es gesund geschafft hast. Die Füsse heilen bestimmt schnell wieder. Schön, dass ihr erstmal auch gefeiert habt. Es ist bedtimmt ein komisches Gefühl wenn man am nächsten Tag nicht mehr los muss.
    Und den Kurzurlaub am Strand habt jhr euch so was von verdient!!?
    Viel Spaß

    • Rina
      Autor
      26. September 2016 / 10:59

      Es ist total komisch, wenn man nicht mehr los muss! Ich bin aber gestern auch über 10 km durch Santiago gelaufen und habe mir die Stadt ein bisschen angeguckt. Gleich treffe ich mich mit Anna und Solveig aus Schweden und Dänemark. Wir mieten dann ein Auto und fahren nach Finisterra.

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