Wir werden heute deutlich weiter laufen, als wir es am Anfang planen. Aber dazu später mehr.
Um 6:50 Uhr starten wir unsere Wanderung. Vor uns sind schon einige Pilger losgezogen, aber wir sind nicht die letzten, die sich auf den Weg machen. Ich habe das Gefühl, meine Schuhe werden jeden Tag enger. Heute habe ich mir direkt zu Beginn ein bisschen Toilettenpapier unter die Fußballen geklebt, damit ich ein Puffer habe und damit es die Feuchtigkeit aufsaugt. Der Himmel ist heute Morgen bedeckt und es liegt eine hohe Feuchtigkeit in der Luft. Fast schon wie leichter Nieselregen. Wir kommen anfangs sehr gut voran.
Nach 8 km machen wir eine ausgiebige Frühstückspause an einer umgestürzten Mauer. Es gibt etwas Brot mit Hummus und Tomaten. Dazu essen wir noch eine Banane und ein paar Kekse. Danach geht es weiter durch die Feuchtigkeit. Immer wieder bergauf, was uns trotz der kühleren Temperaturen den Schweiß auf die Stirn treibt.
Als wir rechts abbiegen sollen, sieht es also sollten wir in den Dschungel abbiegen. Das Stichwort Dschungel erinnert uns an Guns ´n Roses und ich schalte etwas Musik an, welche uns die nächsten Kilometer begleitet. Es ist als würde mich die Musik nach vorne treiben und eine Rakete in meinem Hintern zünden. Zumindestens meint Steffi das.
Der Nieselregen ist sehr angenehm und wir kommen gut voran. Dann wird er stärker und wir werfen uns schnell unsere Ponchos über, um unsere Kleidung und Schlafsäcke vor der Nässe zu schützen. Lange brauchen wir die Ponchos aber nicht, denn es regnet nicht sehr lange stark. Wir kommen an einer Bushaltestelle vorbei und machen dort erst mal Pause. Es sind nur noch gut 3 Kilometer bis zum Ziel, der Herberge in Vitorino dos Piães und es ist erst halb 12.
Gegen 12:15 Uhr kommen wir schon in der Herberge an und entschließen uns ganz spontan doch noch eine Etappe weiter zu gehen. Wir werden es wahrscheinlich auf der halben Strecke verfluchen, aber heute scheint es leichter die 33 km zu laufen als morgen. Denn morgen geht es nach 12 Kilometern auf weiteren 17 Kilometern einige Höhenmeter hinauf. Heute bedeuten die zusätzlichen 12,3 km einen ganz leichten Anstieg und dann nur bergab. Das sollte einfacher zu schaffen sein.
Wir gehen also weiter und nach ein paar Kilometern treffen wir auf ein Café, das geöffnet hat. Somit trinken wir gegen 13 Uhr unseren ersten Kaffee des Tages. Und der Kaffee hier in Portugal ist soooo gut.
Während wir unseren Kaffee trinken, wird der Regen immer stärker. Als wir dann aber weitergehen, hört es auf zu regnen und die Sonne kommt für den Rest des Tages wieder raus. Es wird direkt viel wärmer. Sehr warm sogar. Was unter anderem daran liegen könnte, dass wir vor dem Abstieg steil bergauf gehen.
Der Weg führt uns plötzlich in eine traumhaften Pfad, der gesäumt ist von Calla Lilien, Eukalyptusbäumen und riesigen Engels-Trompetenbäumen. Ich brauche eine Weile, um alle gewollten Fotos zu schießen.
Falls der Weg wieder etwas unspektakulärer wird, philosophieren wir über das Leben und wie schön das Pilgern ist. Dass dieses so einfache Leben einem so viel geben kann.
Die 12 km nach Ponte der Lima sind landschaftlich traumhaft schön. In der Ferne sehen wir die Berge und mutmaßen, dass wir morgen dort hinüber gehen müssen, denn irgendwo müssen die gut 400 Höhenmeter ja herkommen.
„Die nächste Sitzgelegenheit, die nicht direkt in der Sonne ist, nehmen wir und machen noch mal Mittagspause!“, sage ich zu Steffi und ein paar Hundert Meter später kommen wir an einem Baum vorbei, der umringt ist von Steinen und offensichtlich eine schattiges Plätzchen für eine Pilgerpause darstellen soll. Wir nehmen die Einladung gerne an und lassen uns dort nieder. Wir lassen uns die Kartoffeln von gestern schmecken und sie schmecken heute fast sogar noch besser. Auch der Salat schmeckt noch fantastisch, obwohl er schon einiges vom Dressing abbekommen hat in der Dose.
Wir gehen weiter und die Sonne kommt immer mehr raus. Trotzdem ist es sehr angenehm zu laufen und nicht zu warm.
Auf dem Weg kommen wir immer wieder an Fenchel und Rosmarin vorbei. Jedes Mal reibe ich etwas zwischen den Händen zusammen und rieche daran. Hmmm!
Es wird wieder wärmer durch die Sonne, was meine Füße direkt anschwellen lässt und auch für ordentlich Schmerzen sorgt. Die letzten 5 km sind noch mal echt herausfordernd und ich mag nicht mehr weiterlaufen.
An einer großen Platanenallee, kurz vor Ponte de Lima, machen wir nochmal eine kurze Pause und ich lege meine Füße auf einer Bank hoch, um das Blut wieder herauszubekommen. Das musste sein, denn es ging nichts mehr. Als wir die Platanenallee entlang gehen, hören wir plötzlich Musik und sind irritiert, dass diese aus den Laternen kommt. Wir marschieren zum Marsch, der hier ertönt in den Ort. Irgendwie fühlt sich das Ganze sehr merkwürdig an.
Wir überqueren die Brücke und damit den Rio Lima und checken in der Herberge ein. In der Herberge gibt es wunderschöne, große Räume mit Stuck an der Decke und einen tollen Ausblick aus dem Fenster. Die Duschen sind sauber und es gibt auch einen Aufenthaltsraum, den wir später nutzen, um Tagebuch zu schreiben.
Nach der Dusche gehen wir in den Ort, um etwas zu essen. Der Ort ist wie ausgestorben und wir haben Schwierigkeiten, etwas zu finden. Schließlich kommen wir aber an einer Snackbar vorbei und Steffi verhandelt mit dem Personal, sodass wir Salat und Pommes bekommen. Im Supermarkt gibt es kein frisches Brot oder etwas anderes, das wir frühstücken könnten. Also begnügen wir uns mit Äpfeln, Bananen, Nektarinen, Kirschen und Kiwi. Außerdem holen wir noch ein paar Haferflockenkekse und gesalzene Erdnüsse. Zusammen mit den Veggie-Würstchen, die ich von Zuhause mitgebracht habe, werden wir aber sicherlich satt werden.
Wir sind heute also insgesamt 33,5 Kilometer gegangen, statt der ursprünglich geplanten 21 Kilometer. Damit haben wir morgen nur die bergigen 17,irgendwas Kilometer vor uns. Yay!
Heute sind wir schon sehr früh müde und werden zeitig in’s Bett gehen.
Bis morgen!
Alles Liebe