[Werbung: Affiliate Links]
Die Nacht in der Gemeindeherberge schlafe ich sehr unruhig. Ich bin ständig wach und weiß nicht so recht, wie ich liegen soll. Um 6 stehe ich dann auf und tape mir die Füße wie jeden Morgen. Wasser werde ich mir auf dem Weg an einem Brunnen besorgen, also gehe ich um kurz nach halb 7 los. Heute stehen wieder rund 24 km auf dem Plan.
Es fällt mir heute Morgen sehr schwer in die Gänge zu kommen. Meinen rechten, kleinen Zeh hat es voll erwischt und ich kann kaum auftreten. Erst nach rund 15 Minuten wird es einfacher. Genauso ist es auch nach den zwei Pausen, die ich heute mache. Die ersten zwei Stunden gehe ich im Dunkeln durch einen Wald und muss aufpassen, dass ich nicht stürze. Der Weg ist nämlich steinig und steil aufwärts. Und tatsächlich finde ich auf den ersten Kilometern einen Brunnen. Dort fülle ich meine Trinkblase erstmal mit Wasser.
An diesem Tag laufe ich fast komplett alleine und genieße es. Zwar wechseln sich verschiedene Schmerzen (unter anderem der Zeh und die Achillessehne) immer wieder ab, aber ich habe auch Minuten dabei, in denen ich lächle und gute Laune habe. Ich glaube, man gewöhnt sich irgendwann an den Schmerz. An diesem Morgen sehe ich viele, tolle Dinge. Der Sonnenaufgang taucht den Himmel in pink, lila und blaue Pastellfarben und der Nebel, der über den Tälern schwebt, sieht wundervoll mystisch aus.
In diesen Nebel laufe ich dann hinein und merke, wie nass alles wird. Meine Haare sammeln die Wassertropfen und auch die zahllosen Spinnweben sind voll davon.
Oben auf dem Berg mache ich erstmal eine Frühstückspause. Da ich am gestrigen Sonntag im einzig geöffneten Supermarkt nur ein Baguette, eine Tafel Schokolade und ein paar gesalzene Erdnüsse bekommen habe, gibt es Baguette mit Schokolade zum Frühstück. Mit einem Rotbuschtee wärme ich mich auf.
Sandra und Kathi kommen in dem Café an, kurz bevor ich weitergehe. Sie erzählen von einer Albergue mit Pool in Barbadelo, in der sie heute einchecken wollen. Ich finde, das klingt gut. Auch, wenn das aktuelle Wetter mit dem feuchten Nebel und Temperaturen um die 6° C sich noch nicht nach Pool anfühlt.
Ich laufe also weiter und treffe, einige Kilometer weiter, in Sarria auf Lara, die gestern Nachmittag noch nach Samos gelaufen ist und dort im Kloster übernachtet hat. Wir trinken zusammen mit Alan Kaffee und Tee und verweilen ein bisschen in der Stadt. Wir warten auf Sandra und Kathi, um den Ort der Übernachtung zu besprechen, aber die beiden kommen nicht an uns vorbei. Dafür taucht Sam auf und wir gehen zu dritt weiter nach Barbadelo. Dort angekommen stellen wir fest, dass es zwar Herbergen mit Küche gibt, aber keinen Supermarkt. Wir versuchen, die Anderen telefonisch zu erreichen, damit sie aus dem 4,5 km entfernten Sarria etwas für das Abendessen mitbringen, erreichen aber nur die Mailbox.
Lara und Sam entscheiden sich in der Albergue Municipal, in der Gemeindeherberge für 6 € zu übernachten. Die gestrige Municipal hat mir gereicht und ich entscheide mich für die Albergue „Casa Barbadelo“ mit Pool für 9 €. Diese hat zwar keine Küche, aber Essen zum Kochen haben wir ja auch nicht. Nach der Dusche höre ich deutsche Stimmen und sehe Steffi, Vit, Meike und Tine. Sie werden in der nächsten Albergue unterkommen und dort Grillen. Sie haben ihrem Reiseführer entnommen, dass es hier keinen Supermarkt gibt und sich Essen aus Sarria mitgebracht. Kurze Zeit später tauchen auch Kathi und Sandra auf. Sie haben ebenfalls eingekauft. Es soll Nudeln mit Tomatensauce geben. Auch sie gehen in die nächste Albergue, stellen dann aber fest, dass es keine Töpfe gibt. Kurz überlegen wir, eine Pizza zu bestellen, aber die Pizzerien im Umkreis liefern nicht. Ich werde also hier im Restaurant der Casa Barbadelo essen und stelle mich gedanklich schon auf Pommes mit Salat ein.
Den Nachmittag verbringe ich am Pool in der Sonne, die genau dann herauskam, also ich dort Platz nahm. Die Schwalben umkreisen den Pool, um sich einen Snack zu fangen. So kann das Pilgerleben also auch sein?! Meine Schmerzen lassen langsam nach und ich kann ein bisschen entspannen.
Am Pool lerne ich einen Australier aus Perth kennen. Er reist mit einem Freund und radelt den Camino. Das nächste Mal würde er aber wandern, da man dort mehr mit Menschen in Kontakt ist und mehr Leute kennenlernt. Recht hat er. Ich laufe immer wieder den gleichen Leuten über den Weg, die ich mittlerweile fast alle mehr oder weniger kennengelernt habe. Ich laufe dann ein Stück Seite an Seite, unterhalte mich ein paar Minuten, bis ich dann wieder mein eigenes Tempo und somit alleine weitergehe.
Wir unterhalten uns eine ganze Weile sehr nett und er erzählt mir, dass er einige Verwandte in Deutschland hat und daher öfter mal in Deutschland unterwegs ist. Wie so oft vergesse ich nach seinem Namen zu fragen. Da er mit dem Rad deutlich schneller unterwegs ist, wird es auch bei dieser einen Begegnung bleiben.
Abends gehe ich dann in das Restaurant der Albergue und freue mich, etwas anderes veganes als Pommes auf der Speisekarte zu finden. Es gibt an diesem Abend Salat mit Oliven, Paella de Verduras und ein Glas Rotwein für mich. Ich bin zwar alleine, aber ich genieße den Abend dennoch sehr.
Die Anderen hatten gefragt, ob ich noch zu ihnen in das Restaurant ihrer Albergue komme, aber ich hatte keine Lust die 800 m dorthin zu laufen. Vor dem Einschlafen lese ich noch ein bisschen in meinen Reiseführer (Es wurde auch mal Zeit!) und plane die morgige Etappe für mich. Vielleicht habe ich dann auch weniger Schmerzen, wenn ich mein Tempo gehe und nicht versuche, hinterher zu kommen.
Bis morgen vom Camino!
Alles Liebe
Wieder ein toller Bericht! Also das Bild mit den Spinnweben muss ich für meine Wand haben. Grossartig?
Schön, dass du es heute so gut angetroffen hast und entspannen kannst. Das Essen sieht sehr gut aus.
Freue mich schon auf den nächsten Bericht?
Autor
Das mit dem Bild an der Wand lässt sich sicherlich einrichten.
Freut mich, dass dir der Bericht gefällt. Ich versuche so zu schreiben, dass man sich in mich hineinversetzen kann, um den Weg miterleben zu können.