Der GR 221 – Von Port d’Andratx nach Sant Elm

Der GR 221 – Von Port d’Andratx nach Sant Elm

Nachdem der Hinflug eine kleine Katastrophe war, bin ich dann um halb zehn, mit zwei Stunden Verspätung am Apartment von Elena angekommen.
Die Verspätung kam dadurch zustande, dass der Flug zuvor in Venedig nicht rechtzeitig abgefertigt werden konnte. In diesen ersten 35 Minuten hat man uns dann zu drei verschiedenen Gates geordert, im 15 Minuten-Takt. Immer wenn ich es mir mit meinem MacBook gemütlich gemacht habe, mussten wir wieder umziehen. Letztendlich durften wir nach 50 Minuten Verspätung dann doch vom Ursprungsgate aus in’s Flugzeug.
Dort ging es dann munter weiter mit Komplikationen: Drei Passagiere hatten Gepäck aufgegeben und sind nicht am Gate erschienen (vielleicht ja an einem der anderen Gates ;-)). Also musste der gesamte Frachtraum durchsucht werden, denn die Koffer müssen raus. Im hinteren Frachtraum waren sie nicht, also noch durch die 90 Koffer im vorderen Frachtraum wühlen (Danke übrigens an den Piloten, der uns so genau auf dem laufenden gehalten hat!). Als die Koffer dann endlich gefunden waren, gab es eine neue Information: die Passagiere wollen tatsächlich mit uns nach Mallorca, wurden aber vom Bodenpersonal falsch eingecheckt. Also haben wir dann noch mal 15 Minuten auf sie gewartet und sind mit gut zwei Stunden Verspätung endlich gen Süden gestartet.

Am Flughafen von Mallorca angekommen, habe ich mir dann schnell ein Taxi geschnappt, um noch rechtzeitig zum Supermarkt zu kommen. Morgen ist nämlich Sonntag und ich möchte meine Tour nicht mit einem Fastentag beginnen. Drei Minuten vor Ladenschluss stürme ich in den Supermarkt und ergattere noch schnell ein Vollkornbrötchen, einen Brezel, Hummus und Seitanburger, die auch kalt gegessen ganz wunderbar schmecken.

Ich falle nach einem kleinen Abendessen sofort in’s Bett und wache um Punkt 6 Uhr auf. Meine biologische Uhr halt. Ich drehe mich aber nochmal um, denn Elena hat mir gestern von einem Supermarkt erzählt, der auch sonntags geöffnet hat, das aber erst ab 9 Uhr. Der Gedanke an etwas frisches zum Frühstück ist verlockend.
Als ich mich um 9 Uhr auf den Weg mache, ist Elena nicht da. Ich schreibe ihr eine WhatsApp und bedanke mich für ihre Gastfreundschaft.

Als erstes steuere ich den Supermarkt an, um mir etwas Proviant zu kaufen. Leider gibt es Bananen nur im 1-Kilo-Bündel, das heißt es gibt jetzt erstmal ordentlich Bananen. Aber das ist gar nicht mal schlecht, dann brauche ich meine Magnesium-Tabletten nicht nehmen. Um etwas Abwechslung zu haben, hole ich mir ein Paket Trauben und ein Paket Haferflockenkekse. Und natürlich Wasser. Als ich meinen Trinkschlauch vor dem Supermarkt in die Flasche schrauben will, stelle ich fest, dass er nicht passt. War ja klar. Aber ich habe eine deutsche 1-Liter Flasche, die ich bei Bedarf auffüllen kann.

Ich mache mich auf den Weg nach Port d’Andratx. Google Maps sagt mir, die nächste Verbindung ist mit dem Zug. Also laufe ich dorthin. An der Bahnstation kann ich dann am Automaten ein Ticket für den Zug und für Zug + Bus kaufen. Mein Ziel ist allerdings dort nicht aufgeführt. Eine Passantin, die ich frage, weiß auch nicht weiter. Ich schaue nochmal nach einer alternativen Verbindung und sehe eine per Bus. Sie dauert zwar 15 Minuten länger, aber ich komme hier nicht weiter. An der Hauptstation erfahre ich dann, dass es das richtige Ticket auch nicht am Automaten gibt, sondern direkt im Bus.

Die Fahrt kostet 5,55 EUR und dauert zwei Stunden. Ich bin neugierig und schaue direkt mal nach, wie lange es am Ende meiner Tour dauert, um von Port de Pollença wieder nach Palma zu kommen. Das sind auch nur zwei Stunden, obwohl es deutlich weiter entfernt liegt. Nun gut.
Während ich im Bus sitze, kriege ich eine Nachricht von Alessandro, bei dem ich in Valdemossa wohnen werde. Er fragt, wann ich ankomme und ob er mich vom Flughafen abholen soll. Hach, ich weiß, ich wiederhole mich, aber ich übernachte so gerne mit AirBnB.

In Port d’Andratx mache ich Mittagspause und esse den Rest vom Seitanburger mit Hummus auf der zweiten Brötchenhälfte. Den restlichen Hummus dippe ich mit dem Brezel. Im Café gegenüber trinke ich einen Kaffee (Tom Soja sei Dank) und nutze die Gelegenheit um meine Hände vom klebrigen Weintraubensaft zu befreien.

Und dann geht es endlich los!

Schon zu Beginn merke ich, dass hier ganz andere Düfte in der Luft liegen. Blumig irgendwie, aber ich habe keine Ahnung woher sie stammen.

Es ist teilweise bewölkt und etwas windig. In der Sonne ist es sehr, sehr angenehm. Ohne Sonne ist es recht kühl, wenn man sitzt. Es ist verdammt hell und ich brauche mein Hut, damit er meine Augen voller Helligkeit schützt.

Als ich etwa eine Viertelstunde unterwegs bin, ist es plötzlich mucksmäuschenstill. Es sind keine Touristen da und auch sonst ist niemand unterwegs. Ich komme an einem Garten vorbei, in dem Lavendel gepflanzt ist. Sowohl der Anblick als auch der Duft betörend mich. Direkt danach biege ich in einen Kiefernwald ab – ich bin im Himmel! Das ist mein Lieblingsduft.

Es geht stetig und manchmal auch steil bergauf. Ich ringe nach Luft, mein Puls schwillt in die Höhe und mir läuft der Schweiß. Immer mal wieder drehe ich mich um. Schon Take That sangen „Never forget where you’re coming from“. Beim Wandern ist es bitte wörtlich zu nehmen. Ich habe schon die tollsten Fotos gemacht, während ich mich umgesehen habe. Außerdem kannst du so ein wenig Luft schnappen. Das ist übrigens auch ein super Tipp für den Alltag: einfach mal zurück schauen, was man schon geschafft hat! 😉

In der Ferne sehe ich drei Wanderer, die gegenüber den Berg hinauf gehen. Vielleicht gehen Sie ja auch den GR 221. Ihr Gepäck lässt es jedenfalls vermuten. Vielleicht treffe ich sie ja im Laufe des Weges.

Dass es hier drei Tage am Stück geregnet hat, bezeugen auch nur ein paar kleine Pfützen ansonsten ist der Boden furztrocken. (Warum sagt man das eigentlich?)

Nach gut 4,5 km mache ich eine Pause. Mir qualmen die Füße. Bevor ich Blasen kriege, lasse ich sie lieber etwas auslüften. Und plötzlich kommen mir einige Wanderer entgegen oder laufen an mir vorbei. Ein junges Paar hat ähnlich große Rucksäcke wie meiner, sie gehen bestimmt auch den GR 221.

Ich schnappe mir die Packung Kekse, die ich mir heute Morgen im Supermarkt gekauft habe. Sie sind lecker und werben (oder warnen fast schon) mit hohen Ballaststoffgehalt. Hoher Ballaststoffgehalt mit 6%?? Linsen haben 12%!! Da bin ich anderes gewohnt und brauche mir keine Sorgen um meine Verdauung zu machen…

Als ich über den Berggipfel steige, bleibt mir die Spucke weg. Ich komme kaum vorwärts, weil ich so viel fotografiere. Es ist hier einfach atemberaubend schön. Bergab ist es steinig und ich bin froh, dass ich meine Stücke dabei habe, um die nötige Stabilität zu haben.

Mir brennen die Fußsohlen. Morgen muss ich unbedingt die anderen Einlagen einmal ausprobieren, ob die besser sind.
Trotz der schmerzenden Fußsohlen fühle ich mich jetzt eingelaufen. Bergauf keuche ich nicht mehr so entsetzlich und auf geraden Strecken komme ich richtig flott voran. Immer öfter lasse ich mein Handy in der Tasche, denn die kleinen Steinhäufchen weisen den Weg.

Dann wird es wieder steiler und ich komme nur langsam voran, weil der Abstieg voller Geröll ist. Plötzlich versperrt eine Kette den Weg. Laut Navi ist es aber der richtige Weg. Also steige ich darüber und gehe weiter geradeaus. Dann komme ich zu einer Kreuzung an der ich rechts abbiegen soll. Zum ersten Mal sehe ich Wegzeichen, die den rechten Weg als den falschen ausweisen und mich geradeaus über den Berg bringen möchten. Laut Karte ist das eine Abkürzung, die ich gerne annehme.

„Gut, dass der Weg alle paar Meter mit Farbe gekennzeichnet ist“, spreche ich in mein Handy, um mir eine Notiz zu machen, als ich meinen Blick nach oben richte und ins Stocken gerate: Knapp 20 Meter von mir entfernt stehen zwei Ziegen und mustern mich. Ich gehe langsam weiter den Berg hinab und lasse sie hinter mir.

Immer wieder mache ich Fotos von Sant Elm und Sa Dragonera, der Anblick ist einfach zu schön! Kaum komme ich vom Weg wieder auf eine Straße, bin ich auch schon an meinem Hotel. Ich checke ein und freue mich erstmal auf eine Dusche. Meine Kleidung wasche ich schnell im Waschbecken und hänge sie nach draußen zum Trocknen. Warum habe ich eigentlich nur einen BH dabei??? Hoffentlich trocknet der bis zum Abendessen! Ich glaube, der wurde auf dieser Tour das letzte Mal gewaschen…
Den restlichen Nachmittag verbringe ich unter der Bettdecke und bearbeite die Fotos, die ich heute gemacht habe. Während ich den Bericht schreibe, lösche ich die Hälfte wieder durch eine ungewollte Tastenkombination und darf dann die Hälfte nochmal schreiben… That’s life!

Die Wolken, die sich den Nachmittag über über der Bucht aufgehalten haben, verziehen sich gegen Abend wieder und ich freue mich auf einen schönen Sonnenuntergang. Abends gehe ich in Richtung des Hostals Dragonera, da es dort vegane Tapas geben soll. Ein Zimmer hatten sie nicht mehr für mich, als ich es im Februar gebucht habe, aber vielleicht habe ich ja Glück und bekomme dort ein leckeres Abendessen.

Als ich im Dragonera ankomme, steht nichts von Tapas auch der Karte. Ich frage nach, ob es hier vegane Tapas gäbe, ich hätte den Tipp bekommen. Ohne jegliche Gefühlsregung wird mir verkündet: „Tapas? No!“ – Gut, gehe ich eben woanders hin und zwar in die Trattoria Battiato schräg gegenüber. Dort kredenzt man mir eine fantastische Arrabiata mit ordentlich Knoblauch und Chili. Sie ist so heiß, dass ich mir die Zunge fast verbrenne.

Nach dem Essen hole ich mir noch eine Flasche Wasser für morgen und gehe ein wenig spazieren, um mit meiner Kamera zu spielen.

So, und jetzt mache ich mich in’s Bett. Morgen stehen 12 Kilometer mit 590 Höhenmetern an. Der Wanderführer sagt, dass ich dafür 4 1/2 Stunden brauche. Da ich am Zielort weder Empfang, noch Verpflegung oder Müllabfuhr vorfinde, werde ich mich morgen früh noch mit etwas Proviant eindecken.

Schlaf gut, bis morgen!

Alles Liebe

Rina

2 Kommentare

  1. Petra Janke
    7. Mai 2018 / 19:48

    So ein schöner Bericht! Gut, dass du schon Erfahrung hast!! Und die Fotos!!
    Ich bin ein bisschen neidisch 🙂

    • Rina
      Autor
      8. Mai 2018 / 19:46

      Jaaaa, es ist sooo schön!

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